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Ziegenhagen, Franz Heinrich.


Lehre vom richtigen Verhältnisse zu den Schöpfungswerken, und die durch öffentliche Einfürung derselben allein zu bewürkende algemeine Menschenbeglükkung. Herausgegeben von (...). [Motto:] Lasst uns besser werden! / - so wird’s besser seyn. Overbek. Mit 8 Kupfertafeln von D.CHODOWIECKI [davon eine einfach und eine mehrfach gefaltet], und einer Musik von W.A.MOZART [acht Seiten gestochene Noten auf vier gefalteten Tafeln]. Hamburg, zu finden bei dem Herausgeber 1792. Gr-8° Front., (4) Bll., 633 S., (2) Bll. [Fehlpaginierung: Ss. 95 u. 96 doppelt vergeben; Ss.152 u. 153 in der Zählung ausgelassen]. Dunkelgrüner Maroquinband mit zwei Rückenschilden und –vergoldung, vergoldete Deckelborduren mit Eckfleurons. 5500 €
Erste Ausgabe (Lanckoronska/O. II, 119-120 u. 214; Schröder, Hamburg. Schriftst. 4549,1; Engelmann, Chodowiecki 664-667, 672-675; Bauer, Chodowiecki 1551-54, 1556-59; Zu Mozart: KV 619; RISM M 4161; Wolfstieg 4161). - Sehr breitrandig; wenige Bll. etwas unsauber aufgeschnitten, wenige Randeinrisse, an zwei Bll. ist Text betroffen, ebda alt geklebt. Wie immer ist in der Vorrede ein Wort geschwärzt, hier zeitgenöss. aufgeschlüsselt „Strasburg“. Nahezu fleckfrei, auf Schreibpapier. Marmorierte Vorsätze.
Eines der bemerkenswertesten Bücher nicht nur jener Zeit, sowohl was die Edition selbst als opulent ausgestatte-ter Privatdruck, angereichert mit einigen von CHODOWIECKIs schönsten Illustrationen und mit einer eigens dafür geschaffenen Komposition MOZARTs, wie auch was die Geschichte dahinter angeht, die exemplarisch für die Zeit ist und zugleich immer noch aktuell, weil die ihr zugrunde liegenden Probleme sich nicht aufgelöst haben und so bald auch nicht werden: soziale Ungleichheit, große Diskrepanz zwischen Armen und Reichen, ungleiche Bildungsvoraus-setzungen, Verschmutzung der Umwelt und damit einhergehende Gefährdung der Gesundheit. ZIEGENHAGENs 'Lehre vom richtigen Verhältnisse' entzieht sich heute gängigen Mustern bei der Zuordnung zu einer der politischen Tendenzen jener aufgewühlten Zeit. Was sie alleinstellt unter anderen utopischen Entwürfen dieser Jahre ist sicher ihr „grün-alternativer“ Ansatz, in dem sich frühdemokratische, jakobinische, deistische, sozialistische Ideen verbinden mit dem „eudämonistischen Menschenbild der Aufklärung“ (J.Höppner, in: Demokratische Wege, S.708). F.H.ZIEGENHAGEN (Straßburg 1753 – 1806 Rothau/Elsass) war Sohn eines pietistischen Straßburger Arztes, der seine elf Kinder dem Glaubensgenossen Pfarrer FRIEDRICH OBERLIN zur Erziehung anvertraut hatte. Wenngleich sich ZIEGENHAGEN später vom Pietismus ganz gelöst hat, ist der Einfluss des großen Pädagogen für ZIEGENHAGENs Denken und Handeln prägend gewesen. ZIEGENHAGEN wurde Kaufmann in Straßburg und als solcher reich. Weltläufige Bildung zog er aus zahlreichen Reisen, auf denen er auch mit der vom Geist der Aufklärung erfüllten Freimaurerei in Kontakt kam; 1775 schloss er sich dieser in Regensburg an. 1780 siedelte er sich Hamburg an und heiratete dort. Sein geschäftlicher Erfolg und sein beachtliches Vermögen vermochten ihn nicht dauerhaft zu befriedigen. Er wurde ein früher „Aussteiger“. 1789 verkaufte er sein Handelshaus und begann mit Frau und Kindern ein anderes Leben, „erwarb im nahen Billwerder ein Landgut, das er aus verwahrlostem Zustand in einen ökonomischen und sozialen Musterbetrieb verwandelte. Dort richtete er 1790 mit seiner vom Lande stammenden Frau ein Erziehungsinstitut ein, um Sohn und Tochter und andere Kinder für eine neue Lebensweise zu bilden.“ (ebda). Den großen Entwurf für eine künftige Gesellschaft, die aus dieser Keimzelle erwachsen sollte, das Ideal einer sinnvollen Lebensführung schildert er in seiner "Lehre vom richtigen Verhältnisse". „Das Buch wandte sich an alle Persönlichkeiten, die für menschliches Wohlergehen, für Bildung und Aufklärung des Volkes Verantwortung trugen, von den Ärzten und Lehrern bis zu den Magistraten und Regenten, und ersuchte sie sie um moralische, politische und materielle Unterstützung. [Er] schickte seinen Plan auch an den französischen Nationalkonvent, der die Pädagogen in aller Welt aufgerufen hatte, am demokratischen Erziehungswerk mitzuwirken. Er beantragte, seine Verhältnislehre öffentlich einzuführen, auf ihrer Grundlage alle Schulen und Kirchen ‚in gemeinnützige Hörsäle der Wissenschaften, Künste und Handwerke‘ zu verwandeln sowie bei der Umwandlung des feudalen Eigentums ‚auf die verhältnismäßigste und sanfteste Art‘ Maßnahmen zu ergreifen, auf ‚daß die Rechte der Menschheit, Eigentum und Freiheit, gleichmäßiger verteilt sein sollten, als sie es jetzt sind‘. ZIEGENHAGEN erhoffte von dieser Initialzündung, der England und Deutschland bald folgen würden, die Möglichkeit, einen ewigen Frieden zu schließen, Heere und Militärausgaben für friedliche Großunternehmen einzusetzen und die gesamte Jugend, vornehmlich die ärmere, auf Staatskosten auszubilden.“ (ebda). ZIEGENHAGENs Pläne scheiterten auf der ganzen Linie. Er erhielt keinerlei Unterstützung, geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten und sah sich schließlich gezwungen, seinen Besitz verkaufen. Als seine Frau 1802 starb, kehrte er in seine elsässische Heimat zurück. Sein früherer Lehrer OBERLIN notierte 1806 in sein Tagebuch: „FRANZ HEINRICH ZIEGENHAGEN aus Straßburg ... hat sich in der Gemeinde Rothau eine Kugel durch den Kopf geschossen.“ Von den 6000 Exemplaren der Lehre, die ZIEGENHAGEN auf eigene Kosten hatte drucken lassen, gingen nur 256 an Subskribenten. In den folgenden Jahren, zuletzt 1799, versuchte er durch den Vertrieb mehrerer Titelauflagen den Verlust zu verkleinern, ehe der Rest an den Verlag Vieweg ging, der die Auflage von 1799 erstmals in seinem Katalog zur Ostermesse 1833 anzeigte; sie war 1911 noch lieferbar (vgl. Verlagskatalog 1911, S.404).
 
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